Die Schaeffler AG, deutscher Industriekonzern, der in den Bereichen Automobil- und Industrietechnik tätig ist, hat ein öffentliches Angebot für alle ausstehenden Aktien der Vitesco Technologies Group AG unterbreitet, wie aus einer Mitteilung von Vitesco hervorgeht. Dieses Angebot erfolgte in Übereinstimmung mit § 10 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG). Der Vorstand und der Aufsichtsrat von Vitesco Technologies haben angekündigt, das Angebot sorgfältig zu prüfen und dann über die nächsten Schritte zu entscheiden. Schaeffler plant mit seinem Vorhaben, den Regensburger Antriebsspezialisten komplett zu übernehmen und einer der Marktführer in der E-Mobility-Branche zu werden.
Die Reaktion auf das Übernahmeangebot war an den Börsen deutlich spürbar, wobei die Vitesco Technologies Group Aktie einen signifikanten Kurssprung verzeichnete. Aktuell wird sie mit einem Plus von 0,11 % und einem Kurs von 89,95 Euro gehandelt (Stand 12.10.2023/12:08:16). Trotz dieser positiven Reaktion haben die Analysten von Warburg Research ihre Einschätzung für Vitesco von "Buy" auf "Hold" geändert, mit der Begründung, dass nach dem rasanten Kursanstieg kaum noch Aufwärtspotenzial besteht. Die Analysten sehen die Wahrscheinlichkeit eines Gegenangebots als gering an. Das Kursziel wurde daraufhin von 94 Euro auf 91 Euro abgesenkt. Hauck Aufhäuser Investment Banking hat ebenfalls aufgrund des Übernahmeangebots von Schaeffler den Automobilzulieferer Vitesco von “Buy” auf “Hold” abgestuft. Das Kursziel von 105 Euro bleibt jedoch bestehen.
Schaeffler hat den Vitesco-Aktionären 91 Euro je Aktie angeboten, was einem Aufschlag von 21 Prozent entspricht. Die Transaktion bewertet Vitesco insgesamt mit 3,6 Milliarden Euro. Zur Finanzierung des Erwerbsangebots hat Schaeffler eine Brückenfinanzierung über die Bank of America, BNP Paribas und Citigroup arrangiert. Die Familie Schaeffler, die bereits knapp 50 Prozent der Vitesco-Aktien hält, plant, ihre Anteile im Zuge der Transaktion zu erhöhen. Es wurde bekannt, dass keine kartellrechtlichen Freigaben in der EU erforderlich sind und keine Mindestannahmeschwelle gesetzt wurde.
Schaefflers Vorstandschef Klaus Rosenfeld ist überzeugt, dass durch die Übernahme ein Unternehmen entstehen wird, das 25 Milliarden Euro Umsatz generiert und weltweit etwa 120.000 Mitarbeiter sowie 100 Werke umfasst. Laut Rosenfeld ergänzen sich die Produktpaletten der beiden Unternehmen perfekt. Der Zusammenschluss wird voraussichtlich Umsatz- und Kostensynergien von jährlich 600 Millionen Euro ab 2029 vollständig realisieren.
Die Vitesco-Technologies Group AG, die 2021 von der ehemaligen Konzernmutter Continental abgespalten wurde, hat sich zunehmend auf Elektroantriebssparten konzentriert, obwohl ein Großteil ihres Geschäfts derzeit noch aus Verbrennerkomponenten besteht. Das Unternehmen, das im vergangenen Jahr mit weltweit 38.000 Mitarbeitenden einen Umsatz von 9,1 Milliarden Euro erzielte, wurde von dem Angebot aus Herzogenaurach offensichtlich überrascht.
Die geplante Fusion ist für das vierte Quartal 2024 vorgesehen. Die Schaeffler AG befindet sich derzeit in einem Generationswechsel, der auch Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur haben könnte. Die Schaeffler Familienholding IHO plant, sich mit rund 70 Prozent am neu entstehenden Zulieferer zu beteiligen.
Abschließend wird das Erwerbsangebot voraussichtlich von Mitte November bis Mitte Dezember laufen, wobei die endgültige Entscheidung über die nächsten Schritte bei dem Vorstand und Aufsichtsrat von Vitesco Technologies liegt. Dieser Schritt könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Automobilzulieferindustrie haben und das Kräfteverhältnis innerhalb des Sektors möglicherweise neu ordnen.